Eschatologie in der Liturgie

Sind wir uns eigentlich der so besonderen und engen Verbindung zwischen ewigem und sakramentellem Leben bewusst?

Das göttliche Leben, das Leben mit Gott, versucht sich in uns zu entfalten: Auf Erden in den Anstrengungen unseres Glaubens und im Himmel in der Schau Gottes. Es handelt sich um ein und dasselbe Leben, an dem wir auf mehr oder weniger verborgene Weise auf der Erde teilnehmen. Die Heiligen nehmen daran vollkommen im Himmel teil. Dieses Leben mit Gott, dieses ewige Leben ist in allen Sakramenten enthalten, insbesondere im Sakrament der Eucharistie, in dem Jesus gegenwärtig ist mit seinem Leib und seinem Blut, seiner Seele und seiner Gottheit. Also, Jesus IST das ewige Leben! Und in jeder Eucharistie sind wir wie in den Himmel eingesogen. Der ganze Himmel ist da, umgibt uns, begleitet uns in seiner Nachfolge! „Die Eucharistie ist wirklich ein Aufbrechen des Himmels, der sich über der Erde öffnet. Sie ist ein Strahl der Herrlichkeit des himmlischen Jerusalem, der die Wolken unserer Geschichte durchdringt und Licht auf unseren Weg wirft“ (Ecclesia de Eucharistia, 19).

Das alles lässt sich zusammenfassen im bekannten „schon jetzt“ und „noch nicht“: „Schon jetzt“ – Ja, das ewige Leben hat schon mit dem Tag unserer Taufe begonnen. In den Sakramenten empfängt die Kirche bereits einen Vorgeschmack des ewigen Lebens, das Christus erwirkt hat. Wir haben daran Anteil, weil jeder Akt des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe uns auf unsichtbare, aber reale Weise ins Herz der Dreifaltigkeit Gottes selbst eintreten lässt. Die heilige Thérèse hat das gut verstanden, als sie sogar inmitten ihres Leids erklärte:  „Ich sehe nicht, was ich später nach dem Tod haben sollte, was ich nicht schon in diesem Leben hätte. Ich werde den lieben Gott sehen, das ist wahr! Aber ich bin ich ja schon dafür auf der auf der Erde, um mit ihm zu leben.“ – „Noch nicht.“ Das ist offensichtlich, wir sind noch nicht im Himmel und der Weg dorthin erscheint uns häufig hart und lang. Das ganze liturgische und sakramentelle Leben ist da, um in uns diese Erwartung auf die himmlische Wohnung zu beleben.  „Das Leben ist eine große Heimkehr in das Haus des Vaters“, sagte der hl. Johannes Paul II.

Auf diesem Pilgerweg werden wir regelmäßig gestützt, gestärkt und genährt durch die Sakramente. Sie lassen in uns das ewige Leben keimen, aber sie lassen uns auch unsere himmlische Heimat ersehnen und sie verwandeln uns. Diese Erwartung des ewigen Lebens drückt das Konzil gut aus: „In der irdischen Liturgie nehmen wir vorauskostend an jener himmlischen Liturgie teil, die in der heiligen Stadt Jerusalem gefeiert wird, zu der wir pilgernd unterwegs sind“ (Sacrosanctum Concilium, 8). Sagen wir Gott Dank dafür, dass die Kirche das göttliche Leben ausspenden darf. Eilen wir also zur Quelle, zu den Sakramenten, in denen auf verborgene aber sehr reale Weise alles enthalten ist, was die Heiligen, die schon bei Gott sind, auskosten dürfen. Ja, man kann sagen, dass das ewige Leben schon begonnen hat, es ist nicht deutlich zu sehen. Marthe Robin erklärte die Präsenz des Übernatürlichen inmitten unseres Lebens sehr anschaulich: „Der Schleier zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem ist gespannter als das Papier einer Zigarette.“