Zeugen des Evangeliums

Erzbischof Hans-Josef Becker besucht mit Seminaristen aus Frankreich das Welterbe Corvey

2. Februar 2018 / Westfalen-Blatt
von Sabine Robrecht

Höxter/Marienmünster (WB). Corveys monastische Spiritualität hat am Lichtmesstag eine kurzzeitige Renaissance erlebt: 100 Seminaristen der französischen »Communauté St. Martin« haben im Beisein des Erzbischofs Hans-Josef Becker die Abteikirche und den Kreuzgang mit benediktinischem Geist erfüllt.
Nicht von Corvey, sondern von einem anderen klösterlichen Ort – der Abtei Marienmünster – aus werden drei Priester der Gemeinschaft von 2019 an das Evangelium verkünden. Abbé Thomas Diradourian bereitet diesen Dienst bereits vor. Den 100 Seminaristen aus dem Mutterhaus im westfranzösischen Évron zeigte er am Freitag sein neues Wirkungsfeld. Zuvor stand Corvey auf dem Besuchsprogramm. Abbé Thomas war beeindruckt von der benediktinischen Prägung der ehrwürdigen Reichsabtei im Weserbogen.

Dieser Ordenstradition fühlt sich auch die Communauté verbunden. Entsprechend tiefgründig brachten die Seminaristen den benediktinischen Geist in dieser hochbedeutenden ehemaligen Heimstatt mit ihrem großartigen Welterbe-Westwerk zur Entfaltung. Im weißen Chorhemd ließen sie in der Kirche und bei einer Lichterprozession im Kreuzgang gregorianische Choräle erklingen. So wie sie in Frankreich die Liturgiesprache Latein pflegen, wurde auch die heilige Messe in Corvey in dieser universalen Sprache der katholischen Kirche gehalten. Den Gläubigen gaben die Gäste deutsche Übersetzungen an die Hand.

Erzbischof dankt Gemeinschaft

Erzbischof Hans-Josef Becker, dessen Visite der erste offizielle Besuch in Corvey seit dessen Anerkennung zum Weltkulturerbe war, dankte der französischen Priestergemeinschaft in seiner Predigt für ihr Wirken in Marienmünster. Die Kirche habe missionarisch zu sein – und nicht in sich selbst gefangen. Diesen missionarischen Impuls werde die Gemeinschaft nun auch ins Erzbistum Paderborn bringen. Gott halte für uns Menschen die große Aufgabe bereit, in der Welt von heute Zeuge des Evangeliums zu sein. Der Würdenträger ließ keinen Zweifel daran: »Die frohe Botschaft hat ihren Weg in die Welt genommen und wird es auch weiter tun.«

Vertrauen auf die Nähe Gottes

Die Suche nach Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit gestalte sich bisweilen etwas oberflächlich. Daher ermutigte der Erzbischof die Menschen zum Vertrauen auf die Nähe Gottes. »Ohne den Blick auf den Herrn, der uns geleitet, können unsere Überlegungen keine Frucht bringen.« Über allem Wirken stehe die mutmachende Verheißung des Ostersonntags – die Auferstehung zum Leben.

Wie die Menschen sich einstmals dieses ewige Leben vorstellten, davon schufen sie mit dem Westwerk ein irdisches Abbild, lenkte Pfarrdechant Dr. Hans-Bernd Krismanek bei der Begrüßung der Gäste die Aufmerksamkeit auf das Welterbe. »Die Menschen haben das himmlische Jerusalem gebaut, um einen Blick in Gottes Zukunft zu öffnen, die Jesus verheißen hat.«

Glaubenszeugnisse von Weltrang

Diese Glaubenszeugnisse von Weltrang haben ihre Wurzeln in Frankreich, in Corbie. Mit dem Besuch aus Frankreich schloss sich am Lichtmesstag also ein Kreis. Viktor Herzog von Ratibor und Fürst von Corvey zeigte sich beeindruckt davon, wie die Lichterprozession den Kreuzgang in seiner ursprünglichen Bestimmung mit Leben erfüllt hat. Der herzoglichen Familie sei es eine Ehre, dazu beizutragen, dass die benediktinische Tradition Corveys in Würde bewahrt und präsentiert wird. Erzbischof Becker misst Corvey eine große Bedeutung bei. Die ehemalige Reichsabtei sei trotz ihrer Randlage für das Bistum ein pastoraler Ort mit Strahlkraft. Das gelte auch für Marienmünster, von wo aus die Priester der französischen Gemeinschaft bald wirken. In Marienmünster kamen die Seminaristen mit Gläubigen ins Gespräch.